Die Schatulle der Angst

Die Schatulle der Angst

Eine Geschichte von Fiddely/ Tarian/ Finley

 

Du glaubst in Friedheim passiert nichts böses? Ich glaube du irrst dich. Ichhabe von einem Fluch gehört, der auf einer Schatulle liegen und hier seinenUrsprung haben soll, auch wenn es in Friedheim eher friedlich zugeht. Nichts hat immer nur eine Seite. Auf den zweiten Blick offenbart sich immer sowohl eine helle, als auch eine dunkle Seite.Damals lebte hier unter den Ureinwohnern, den "Hawakani", eine kleineFamilie. Anuk und Namid hatten sich schon als Kinder gekannt und waren in späteren Jahren dann ein glückliches Paar. Akai, ihr einziges Kind, liebten sie von Herzen und sie genossen einige Jahre des Friedens. Aber die Ruhe fand ein Ende, als die Spanier, Franzosen und Briten auf dieInsel kamen und den Tod brachten. Sie fochten um die Insel mit ihrenReichtümern, aber vor allem als wichtigen Handelsposten. Anuk konnte nichtlänger zusehen wie sich Menschen auf der einst friedlichen Insel ihr Leben gegenseitig aushauchten. Er wollte den Frieden auf der Insel wiederherstellen und seine Familie beschützen. So ging es auch anderen aus demStamm und so fanden sich einige mutige Kämpfer die dafür einstehen wollten, darunter Anuk. "Musst du das denn wirklich tun?", fragte Akai seinen Vater. Er verstand nicht, warum die Fremden um etwas kämpften das ihnen nicht gehörte und wie die Männer durch Blut vergießen Frieden schaffen wollten. Anuk strich ihm durch das Haar. "Heute morgen haben sie mit Feuergekämpft und die Stille mit Lärm zerrissen. Du bist aus dem Schlafaufgeschreckt und hast Tränen vergossen, weißt du noch?"Akai nickte. Sein Vater hatte ihn in den Arm genommen und getröstet. DerLärm der Kämpfe machte ihm und den anderen Kindern Angst. Sie tuschelten, dass die Fremden sich bestimmt auch bald hier im Dorf blickenlassen würden. "Ein Vater beschützt seine Kinder, Akai Und deshalb muss ich gehen und um das kämpfen das mir am wichtigsten auf der Welt ist", sagte er und küsste ihn auf die Stirn. "Du und deine Mutter."Akai stiegen wieder Tränen in die Augen: "Ich habe Angst. Was wenn du nicht wieder kommst?"Anuk zog eine kleine Schatulle aus seiner Tasche hervor und gab sie ihm."Die habe ich für dich gemacht, mein Sohn. Wenn du Angst hast, dann öffne die Truhe und sprich aus was dich bedrückt. Dann schließe die Truhe und lass

die Angst darin zurück. Du musst deine Ängste kennen, aber sie dürfen dich nicht beherrschen, verstehst du?"Akai betrachtete das kleine Kästchen. Auf dem Deckel war ein Muster ausZeichen eingebrannt. Es sah ein wenig nach Tränen, Sternen undSchnittmustern aus. Anuk nickte Akai auffordernd zu. Sein Sohn öffnete die Schatulle. Sie war leer und am Boden fand er die gleichen Zeichen wieder. Er flüsterte leise:"Ich habe Angst um meinen Vater." Und dann schloss er die Truhe und blickte in die braunen Augen seines Vaters. Dieser legte seine Hand auf die kleine Schulter, lächelte ihm aufmunternd zu und sagte: "Du bist ein tapferer, junger Mann und du wirst noch oft Angst haben. Nur wer Angst hat, kannmutig sein. Du wirst immer stärker werden, je öfter du dich ihr stellst." Anuk stand auf, ging zu seiner Frau Namid und küsste sie, eher er mit demBogen in der Hand verschwand. Mutter und Sohn sahen ihn nie wieder. Akai hütete die Schatulle. Sie war sein wertvollster Besitz, seinErinnerungsstück an seinen Vater. Aber sie füllte nicht die Leere in seinerBrust über den Verlust. Immer wenn ihn Angst lähmte führte er den Brauchfort und sprach seine Ängste und seine Sorgen in die Schatulle und sie bewahrte sie alle noch über seinen Tod hinaus auf. Doch jede Schatulle, Truhe und Kiste hat ihre Grenzen und so hätte klar sein müssen, dass sie nicht auf ewig alles bewahren kann. Mit der Zeit war so vielLeid, Kummer und Angst hinein gefüllt worden, dass die Dunkelheit in dasHolz kroch. Nakoma, die zwei Generationen nach ihm die Schatulle er hielt erkannte den Fluch, der sich auf sie gelegt hatte. Sie beging nicht den Fehlerden Deckel auch nur ein einziges Mal zu öffnen, da sie doch selbst gesehen hatte, wie das Leid aus dem Inneren ihre Mutter verzehrte, wenn sie dieSchatulle öffnete. Dennoch brachte Nakoma es nicht über das Herz sie zu zerstören. Sie trug sie an den Ort, der ihr am passendsten für so ein dunklesObjekt erschien. In das Taboo Moor, den Ort, an dem man nichts berühren oder gar entwenden sollte, da die Dunkelheit diesen Ort zerfressen hat. Sie begrub die Truhe und sah sie nie wieder. Aber es wird erzählt, dass die Schatulle geborgen wurde und, dass jeder, der die Schatulle öffnet und in ihre Tiefen blickt sich fortan selbst leer und trostlos fühlt. So, als wäre alles Glück der Welt verloren, jede Hoffnung imKeim erstickt, jeder geliebte Mensch eines qualvollen Todes gestorben, das

letzte Licht erloschen und Dunkelheit alles ist was noch bleibt. Bitte, lass dieSchatulle geschlossen, zerstöre sie aber auch nicht, oder all das Unglück findet seinen Weg hinaus.