· 

Der Tod im LARP

Getroffen sinkt der NSC zu Boden. Cool, der Recke wurde nicht mal verletzt. Er dreht sich um, seine Freunde nicken ihm zu. Drei im Sack, einer steht noch. Angriff, Parade, Konter und weg ist
er. Drummer wurde am Arm getroffen, die Wunde wird schnell versorgt und dann geht es gut gelaunt zurück ins Lager.


“Laaangweilig!” hört man Michael Kessler rufen und dem möchte man zustimmen. Obwohl der “klinische” Tod in unzähligen Filmen, Spielen und LARP’s vorgelebt wurde, ist der *ZackUndWeg* Tod eines NSC eine vertane Möglichkeit und fühlt sich eher nach einem Punkt an, als nach emotionalem Rollenspiel.


Wo liegt der Vorteil in dem Tod eines NSC? Oder auch eines SC?

Er ist weg? Man hat einen Punkt gemacht? Endlich eine Beerdigung (wenn überhaupt)? Ein Vorteil will sich nicht sofort aufdrängen.

 

Darum mal die Frage anders formuliert:
Gibt es Argumente gegen den Tod eines NSC oder SC?

  • Die Identifikation, das Netzwerk dieser Spielfigur ist auf einen Schlag weg. Vernetzungen reißen auf, emotionale Bindungen, ob jetzt Liebe, Freundschaft, Haß, Feindschaft, ..
    gehen verloren und müssen durch andere SC/NSC umständlich wieder neu aufgebaut werden.
  • Der Kontext dieser Spielfigur geht verloren. Ggf. kommt es zu Plotabbrüchen, Handlungsstränge versanden, Dinge können nicht weiter fortgeführt werden.
  • Verlust einer guten Szene. Wer tot ist, kann eine Szene eigentlich nicht mehr bereichern. Wer schwer verletzt ist, kann noch angemessen agieren und zum Ambiente beitragen.

Erster Merker, ob NSC oder SC:

Wenn du stirbst, stirb nicht.


Ehrlich, sei nicht tot. Bleib am Leben. Sollte dir jemand mit “ist das realistisch” kommen, bedenke, du machst LARP, da steht Realismus grundsätzlich nicht an erster Stelle. Es geht um Emotionen, wenn dein Charakter tot ist, kann er die Szene nur noch sehr beschränkt bereichern. Wenn du vor der Wahl stehst, bzw. besiegt wurdest, nutz die Gelegenheit und gib Raum.


Zweiter Merker, ob NSC oder SC:

Wenn du im Kampf besiegt wurdest, sei devot.


Das ist die Gelegenheit, dem “Sieger” Raum zu geben. Such dir aus, was zu deinem Charakter
und der Situation passt und spiel damit:

  • kriech weg und versteck dich
  • bettel um dein Leben
  • versuch Vergebung vor deinem Tode zu erhalten (und erzähl eine traurige Geschichte über deine Taten)
  • erkauf dein Leben, biete Gold, Schätze, Informationen oder deine Dienste an
  • schrei oder wimmer vor Schmerzen,
  • ruf nach deiner Mutter oder deinem Vater
  • bitte um die Gnade, dass sich jemand um deine Kinder kümmert
  • - ….

Wir hatten auf einem Con den NSC die Anweisung mitgegeben, wenn du getroffen wirst, bist du nicht tot. Du bist schwer verletzt und fällst um. Such dir was aus der obigen Liste aus und stelle es dar.


Das Ergebnis war bombastisch. Nicht ein klinisches Schlachtfeld, in dem die NSC wellenartig angreifen und ein allgemeines Happening bei den SC vorherrschte in dem Sinne: ich hab 5, wieviel hast du, sondern Betroffenheit bei den Siegern. In den Gesichtern mancher Kämpfer sah man die Frage: Was habe ich getan? (Ehrlicherweise muss ich hinzufügen, dass einige wenige mit Hingabe auf alles eindroschen, was noch irgendwie erkennbar am Leben war).


Beim LARP geht es vor allem um Emotionen. Stirbt jemand “einfach” so, ist dieser Kelch schnell getrunken. Bleib am Leben, gib Raum, sei devot.


Aber, natürlich gehört ein Charaktertod auch zum LARP dazu. Dieser kann, gut gemacht, sehr episch und Spiel bereichernd sein. Er sollte nur nicht “klinisch”, durch Meuchler oder auf dem
Schlachtfeld erfolgen, sondern dann, wenn es emotional wird, d.h. in den Armen einer Heilerin, deines Geliebten oder in dem Kreis guter Freunde. Boromir hat mit seinem Tod auch gewartet,
bis Aragorn zugegen war.


Dritter Merker, vor allem für SC:

Ein epischer Charaktertod ist eine Bereicherung.


Beim letzten Tollgund hatten die Svarturen einen Spieler gefangengenommen und gefoltert:


„König Krätze“ bestand darauf, dass er ein echter König sei. Für die königstreuen Svarturen eine Beleidigung. So nahmen sie ihn hart ran und traten ihn den See hinunter. Der Spieler hat dann für sich entschieden: „Okay, ich werde an den Wunden sterben.“ In der Folge hat er sich bis zur Stadt geschleppt und ist dort in den Armen seiner Frau gestorben. Trauer, epische Beerdigung. Echt gut gemacht.

 

Alternativ wäre der Charakter “einfach so” gestorben, lange liegen geblieben (niemand hat es mitbekommen oder hätte ihn dort gefunden). Irgendwann wäre der Spieler mit gekreuzten Armen in die Stadt gegangen - hätte Frust bei den SC (“Was, die NSC bringen SC um?”) und bei den NSC (“Was, wieso ist der den Tod?”) verbreitet. Da er dann auch nicht mehr gefunden werden kann, wäre die Trauer auch erheblich verringert gewesen.

 

Arne

 

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Krüger, Enrico (Mittwoch, 09 März 2022 21:31)

    Der Tod von König Krätze sowie der schauspielerisch grandiose Suizid seiner Witwe war einfach nur großartig!

  • #2

    Interessierter (Dienstag, 12 April 2022 12:35)

    Hattet Ihr nicht mal in einem Blog oder einer FAQ Antwort geschrieben, es gelte auf Euren Veranstaltungen keine Opferregel, bzw. Ihr würdet generell nichts von dieser halten? (Ich kann die Stelle gerade nicht mehr finden. Es gab eine Tanzmethapher.) Wie passt das zu diesem Blog oder habt Ihr das geändert?

    Aber die SL darf immer noch Charaktere per Telling in den Tod schicken?
    Aus der FAQ "Ausnahme: wenn eine Orga dir sagt, dass dein Char gerade gestorben ist (passiert selten), z.B. bei hartem Regelbruch." -> Wir haben also eine Con, die eher regelfrei sein will und sich stattdessen an "Werten" orientieren soll, dann aber gleichzeitig den Charaktertod als Bestrafung für "Regelbruch". Wie passt das zusammen?

  • #3

    Jakoby (Donnerstag, 17 August 2023 20:46)

    Und wie läuft das dann ab wenn man gestorben ist ?
    Also als Beispiel ich sterbe am Freitag, bin ich dann aus dem Spiel raus oder welche Möglichkeiten hat man dann noch weiter am Spiel teilzunehmen ?!