· 

Schauspiel vs. Larp

Wie wichtig ist gute Schauspielkunst im Larp? 🎭

 

Ist eine tolle „SchauspielerIn“ gleich eine gute LarperIn?

 

Wir hatten bei unseren Cons schon ein paarmal sehr gute Schauspieler dabei. Oft war es bereichernd und inspirierend für uns, die richtigen Profis am Werk zu sehen. Wir Larper lieben es, in Rollen zu schlüpfen und diese so gut es geht, darzustellen. Aber an ausgebildete Schauspieler kommen wir nicht ran.

 

Manchmal kann der Fokus auf Schauspielkunst eine Larpszene verschlechtern:

 

Wir haben ein paarmal die Erfahrung gemacht, dass ein SC voll in seine Rolle versinkt. So sehr, dass sie/er kaum noch Wahrnehmung für die anderen übrighatte. Nehmen wir an, es sei total „realistisch“ oder „authentisch“, dass der fiese Schultheiß eher cholerisch reagiert. Er brüllt die Umstehenden an – nach 5 Minuten fließt Geifer aus seinem Mund.

 

Würde jemand die Szene nur filmen, würden wir später sagen: „Geil, mega gespielt. Hammer!“

 

Die Schauspielkunst des brüllenden aggressiven Schultheißes wird gelobt. Es wirkt, als sei Schauspielkunst eines der höchsten Güter im Larp. Nur hat der SC in seinem völligen Eintauchen in die Rolle vielleicht nicht mehr wahrgenommen, dass die SC drumherum genervt waren – und zu häufig angebrüllt wurden. Durch das Schreien war kaum Raum für anderes da.

 

Vielleicht wäre es besser gewesen, nur kurz zu brüllen – um dann ganz leise zu werden. Abzuwarten. Blicke. Oder plötzlich zu wimmern und sich leise zu entschuldigen. Oder sich unterbrechen zu lassen – damit die anderen SC die Gelegenheit bekommen, zu reagieren. Damit GEMEINSAM eine neue Szene generiert wird.

 

Schauspielkunst, ohne auf die anderen zu achten, kann schnell zu einer „One-Man-Show“ werden.

 

Bei einem Filmset wissen ja alle, was als nächstes passiert. Außerdem kontrolliert ein Regisseur das Setting. Auf einem Larp haben genau nicht diese Bedingungen.

 

Für uns als Tollgund-Orga ist es daher gar nicht so wichtig, ob Spielende gut, sehr gut oder weniger gut „Schauspielen“ können. Wichtiger für uns ist:

 

Reinfühlen, Raum geben, Ball zuwerfen, den Faden der anderen aufnehmen... Empathie. Gemeinsam eintauchen. Gemeinsam schön spielen!

 

Manchmal ist es cool, wenn jemand einen langen Monolog hält oder den Raum länger dominiert. Meistens nicht.

 

Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn ich voll in der Rolle bin, dass ich Dinge mache oder sage, bei denen ich mich später ärgere. Das passierte auch schon mal als „Kurz-Zeit-NSC“: assiger Räuber im Wald und schwupps hatte ich eine Spielerin beleidigt – und mir rutschte ein Wort raus, was wahrscheinlich nicht okay war. Mist! Spätestens dann versuche ich zurückzurudern. Wieder mehr wahrzunehmen und weniger in die Rolle einzutauchen.

 

Je länger man einen Char spielt, desto mehr verliebt man sich in die Rolle. Und desto schwerer wird es, kurz aus seiner Rolle zu gehen, um die Szene wahrzunehmen – um die anderen wahrzunehmen.

 

Die Frage: „Was wäre jetzt realistisch, wie mein Char reagieren sollte?“ ist schon wichtig. Nur für uns ist folgende Frage noch wichtiger:

 

„Was BRAUCHT die Szene, damit alle Spaß haben?“

 

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 0